Im Frühjahr 2009 besuchten wir die schöne Insel La Palma zum Wandern. Bekannte haben dort ein einsam gelegenes Haus, direkt am Meer. Schon die Fahrt dorthin ist ein Abenteuer, einspuriger Schotterweg, immer an der Steilküste, Gegenverkehr stets möglich. Bei meiner Höhenangst eine Herausforderung!
Das Haus liegt auf einem Felsenvorsprung, umrundet von einem kleinen Gärtchen und einer Terasse zum Meer hin. Traumhaft! Sogar ferne Nachbarn gibt es, ein riesengroßes Grundstück mit Pavillions und herumfahrenden Golfwagen. Nicht unsere Liga.
Schon am zweiten Tag beobachten uns drei wunderschöne Katzen. Offensichtlich gehörten sie zu den Nachbarn. Die Miezen sind etwas arrogant und halten immer gebührenden Abstand.
Am Abend wollen wir, nach einer langen Wanderung auf der Terasse essen. Da schwups, jagt ein weißer Blitz an mir vorbei. Ein kleines Kätzchen versucht die Kekspackung auf dem Kühlschrank aufzureißen. Erst bin ich ganz erschrocken und verjage das kleine Tierchen. Dann rufe ich meinen Mann und wir beschließen unser Essen, Blumenkohl mit Sahnesoße und Kartoffeln, ehrlich mit unserem hungrigen Gast zu teilen. Die Einladung wird dankbar angenommen.
Damals hatten wir überhaupt keine Ahnung von Katzen und ihr schien es zu schmecken. So sitzt sie denn jeden Morgen schon vor der Tür und begrüßt uns lauthals. Zu gern liegt sie auch bei uns mit im Bett, aber eigentlich muss sie draußen bleiben. Wir haben Angst sie zu sehr an uns zu binden, haha.
Aus Decken und Handtüchern haben wir ihr ein Bett im Gartenstuhl gebaut. Sie sitzt dann immer zwischen uns, wenn wir auf der Terasse sitzen.
Inzwischen gibt es auch (aus dem weit entfernten Supermarkt) echtes Katzenfutter für sie, Blumenkohl adé. Die kleine Mieze läßt uns nicht aus den Augen und folgt uns auf Schritt und Tritt.
Nachts hören wir lautes Katzengeschrei und manchmal sehen wir ein wunderschönes Katzentier vorbei huschen, ganz wild und scheu. Wir kaufen noch mehr Katzenfutter.
Der große Kater der Nachbarn sieht unserer Besucherin sehr ähnlich, und da das Urlaubsende naht, machen wir uns langsam Sorgen um unser Kätzchen. Vielleicht ist er der Papa Kater?
Zwei Tage suchen wir den Eingang der Hacienda, dann endlich finden wir einen Gärtner, der uns ins Haus bringt. Kurz und gut, das Kätzchen gehört ihnen nicht, und sie möchten auch kein weiteres aufnehmen.
Ich bin unendlich traurig, sogar mein sonst so gefaßter Mann ist noch stiller als sonst. Was nun?
Bitte bedenkt: wir haben kein Smartphone, kein Internet, sogar der Strom ist schon seit Tagen ausgefallen. Es gibt einen Gaskocher und Kerzen.
Der Tag des Abflugs ist mir noch deutlich in Erinnerung. Wir verschließen das Haus einbruchssicher, dann werden alle vorhandenen Näpfe mit Katzentrockenfutter gefüllt. Die Katze wird geknuddelt und ich muss weinen.
Nun sind wir wieder Zuhause und merken sofort, dass etwas Wichtiges fehlt. Ein kleiner weißer Sonnenschein mit stahlblauen Augen und einem hellen, lauten Miau, der uns soviel Freude geschenkt hat.
In der ersten fast schlaflosen Nacht denke ich: Wir haben Haus und Garten, für ein Kätzchen genug Platz. Mein Mann sieht aber keine Möglichkeit die kleine zu holen. Wie soll das gehen?
Am Tag nach der Rückkehr rufe ich die Besitzer des Inselhauses an. Sie waren gerade zwei Wochen vor uns da und kennen die kleine Katze. Ich muss heulen. Dann frage ich, ob sie nicht die Katze bei ihrer nächsten Reise, einen Monat später, mitbringen können. Tierarztkosten für Chipen und Impfen, sowie Flugticket geht natürlich auf uns. Da habe ich etwas gesagt, Stille am Telefon, der Mann möchte das nicht, sagt sie. Und meint, dich hat es aber ganz schön erwischt. Guck doch mal im Internet nach einer Tierschutzorganisation auf La Palma.
Dieser Tipp gibt mir enormen Aufwind, ich finde einen deutsch- spanischen Verein und kontaktiere ihn.
Meine Mail wird sehr schnell beantwortet und ich telefoniere mit einer Dame hier in Deutschland.
Sie erzählt mir, dass sie öfter solche Anfragen bekommen, aber meistens die Tiere nicht mehr finden, weil sie schon weitergezogen sind. Trotzdem macht sie mir Mut, denn wir haben erst vor drei Tagen La Palma verlassen.
Per eMail schicke ich den genauen Lageplan des Hauses, beschreibe die unwegsame Anfahrt und schicke ein Foto der Mieze. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand das einsame Haus findet. Eine einheimische Tierschützerin hat sich bereit erklärt nach der Katze zu schauen.
Jetzt bin ich total aufgeregt, kann nicht mehr schlafen und hoffe so sehr auf gute Nachrichten.
Dann kommt der Anruf einer vor Freude lachenden Tierschützerin. ‚Wir haben sie‘. Die Katze ist gefunden, sie saß noch immer an dem Haus und wartete auf unsere Rückkehr. Sie kommt in eine Box und wird wie besprochen erstmal bei einem Tierarzt untergebracht, der sie auch gleich reisefertig machen soll.
Für den Heimtierpass braucht sie einen Namen, mein Mann schlägt Chica de la Palma vor, Mädchen aus La Palma. Das passt!
Ich bin total glücklich und kaufe mehrere Katzenbücher.
Drei Wochen später sind Chicas Impfungen und Papiere fertig und es gibt eine Flugpatin, die sie mit nach Düsseldorf nimmt.
Der große Tag ist da und mir wird ganz schwindelig vor Freude. Wir brechen morgens auf und sind schon eine Stunde vorher am Flughafen. Mit uns wartet eine junge Frau auf ihren adoptierten Hund, der mit der gleichen Flugpatin mitkommt, und eine Dame von Tierschutzverein La Palma.
Dann landet das Flugzeug und wir warten am Ausgang.
Zwei Frauen schieben einen Gepäckwagen mit zwei aufgetürmten Boxen. Unsere Chica kommt.
Wir haben uns im Auto, auf der Fahrt, gefragt, ob sie es wirklich ist, die kommt. Es könnte ja auch eine Verwechslung vorliegen. Neuere Fotos haben wir nicht bekommen.
In der größten Box sitzt eine kleine weiße Mieze und guckt ganz schüchtern. Es ist unsere Inselkatze. Wir bedanken uns ganz herzlich mit einer Packung ‚Katzenzungen‘ bei den Flugpatinnen.
Chica ist im Frachtraum transportiert worden, aber trotzdem ganz fidel.
Sie schreit ordentlich auf der Rückfahrt, das laute Stimmchen kennen wir.
Im neuen Zuhause verlässt sie die Box sofort und erkundet neugierig ihr neues Domizil.
Seitdem hält sie Hof bei uns. Blumenkohl mit Sahnesoße frisst sie schon lange nicht mehr. Im Gegenteil ist aus ihr eine mächtig verwöhnte Katzendame geworden.